Gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet
Das Bundesministerium des Innern hat zwei GmbHs – nämlich die COMPACT-Magazin GmbH und die CONSPECT FILM GmbH – im Verfahren nach § 3 Vereinsgesetz, dass den qualifizierten Gesetzesvorbehalt des Art. 9 Abs. 2 GG konkretisiert, durch Bescheid für verboten erklärt, die Einziehung des Vereinsvermögens verfügt und in den frühen Morgenstunden in einer bundesweiten Aktion unter Einsatz hunderter Polizisten vollstreckt. Bisher dürfte unter Juristen lediglich Einigkeit darüber bestehen, dass dieses Vorgehen – die Bundesinnenministerin spricht in erschreckender Offenheit vom „Verbot des Compact-Magazins“ – mit einiger Sicherheit rechtswidrig sein dürfte. In der politischen Öffentlichkeit wächst dementsprechend die Erwartung, dass endlich das Ende der politischen Laufbahn Nancy Faesers vor der Tür steht.
Wie immer bei den Rechtsbrüchen der letzten beiden Bundesregierungen gibt es selbst unter kritischen Juristen gewisse Anlaufschwierigkeiten bei der genauen rechtlichen Beurteilung des übereinstimmend als rechtswidrig erkannten staatlichen Vorgehens gegen die Rechtsordnung. Die weniger problembewusste rechtliche und politische Öffentlichkeit schiebt ohnehin Zweifel an der Legitimität des politischen Handelns notorisch beiseite und kommentiert die dreistesten Rechtsbrüche gegen die „üblichen Verdächtigen“ nur mit Hohn, Spott und Häme. Schwer zu greifen ist das präzedenzlose Vorgehen der Ministerin aber schon, was die Ausmaße des staatsrechtlich nicht rechtfertigenden Handelns der internen und externen Juristen des Ministeriums nur noch schockierender macht.
Es dürfte sich jeder weder um einen Zuständigkeitsüberschreitung des BMI handeln (Presserecht sei Ländersache, nur das Vereinsrecht eine Bundesangelegenheit), noch um einen rechtlichen „Trick“, die GmbHs als Vereine zu behandeln, um sie verbieten zu können. Sogar das Grundgesetz geht in Art. 9 von einer Vergleichbarkeit von Vereinen und Gesellschaften aus und der Gesellschafts- oder Vereinsgegenstand kann nicht zur Unzuständigkeit (auch) einer obersten Bundesbehörde führen. Vor allem aber ist das Verbot einer über den Bereich eines Bundeslandes sich tätig werdenden GmbH durch das BMI gesetzlich in § 17 i.V.m. § 3 Vereinsgesetz ausdrücklich geregelt. Im Gegensatz zur allgemeinen Verbotsnorm (für Vereine) des § 3 Vereinsgesetz reicht dabei für (u.A.) Gesellschaften mit beschränkter Haftung für ein Verbot durch das BMI nicht aus, dass ihre Zwecke oder ihre Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen. Vielmehr müssen Ziele oder Tätigkeit schwerste politische Straftaten oder sog. Staatsverbrechen darstellen. Derartige Vorwürfe werden weder erhoben, noch lassen sie sich unter kühnster Aufwallung von politischen Wahnvorstellungen – unter denen die Ministerin ja gelegentlich zu leiden scheint – zurecht konstruieren.
Es bleibt also nur der Vorwurf, der sowohl im qualifizierten Gesetzesvorbehalt des Art. 9 Abs. 2 GG, als auch in § 3 Abs. 1 Vereinsgesetz und eben auch in § 17 Nr. 1 Vereinsgesetz die Schwelle zum schwerstmöglichen Eingriff in die Vereinigungsfreiheit, nämlich ein Verbot mit Vermögenseinzug bildet: Die GmbH muss sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten.
Im Grunde genommen geht es jetzt schnell mit der Rechtserkenntnis: Nicht der „Zweck oder die Tätigkeit“ der Vereinigung muss sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten, sondern die Vereinigung als solche muss gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sein. Das ist bei Unternehmen, die seit Jahren als Presse- bzw. Medienhaus auftreten denklogisch ausgeschlossen. Die beiden GmbHs versuchen mit ihren ca. 25 Mitarbeitern seit Jahren – mit wachsendem Erfolg – an der öffentlichen (politischen) Meinungsbildung bzw. am politischen Diskurs der Öffentlichkeit mitzuwirken. Nur ein völlig vernagelter Ideologe vermag nicht zu erkennen, dass es sich dabei nach der Weltanschauung des Grundgesetzes um einen wesentlichen konstruktiven Beitrag zur Stärkung der verfassungsmäßigen Ordnung handelt. Ein Medienunternehmen kann sich begriffsnotwendigerweise nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung „richten“, sondern leistet stets und immer Beiträge zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Eine andere Einschätzung muss notwendigerweise fundamentale Grundsätze unserer verfassungsmäßigen Ordnung unberücksichtigt lassen. Das passiert der derzeitigen Regierung nicht gerade selten.